Zur Zahlung der Kosten für die Lagerung nicht abgeholter Postsendungen ist verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Als Kostenschuldner kommen demnach das Unternehmen, das die Postsendungen zur Zollstelle befördert hat, und die Selbstverzoller in Betracht.
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Handelt es sich um ein Massenverfahren und ist der Aufwand für die Ermittlung der Selbstverzoller für das Hauptzollamt unverhältnismäßig hoch, während das Unternehmen, das die Postsendungen befördert, über deren Daten verfügt, ist es ermessensgerecht, nur dieses als Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen.
Der Gebührentatbestand gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Zollkostenverordnung (ZollKostV), wonach für die Lagerung von Nichtgemeinschaftswaren durch die Zollstelle eine Verwahrungsgebühr erhoben wird, die für Post- und Kuriersendungen bis 20 kg je Packstück 0, 50 EUR pro Tag beträgt, ist erfüllt. Infolge ihrer Gestellung (Art. 4 Nr.19 des Zollkodex -ZK-) erhielten die Postsendungen die Stellung vorübergehend verwahrter Waren i.S. des Art. 50 ZK und wurden gemäß Art. 51 Abs. 1 ZK bei der Zollstelle gelagert. Das Hauptzollamt berechnete die Kosten unter Berücksichtigung der gebührenfreien Tage (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZollKostV).
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, der gemäß § 178 Abs. 4 Satz 2 AO auch nach dem Inkrafttreten des Bundesgebührengesetzes am 15.08.2013 weiter gilt, ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Gebührenrechtlicher Veranlasser ist, wer die kostenverursachende Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, oder derjenige, in dessen Pflichtenkreis sie erfolgt[1]. Mehrere Kostenschuldner sind gemäß § 13 Abs. 2 VwKostG Gesamtschuldner.
Welcher von mehreren grundsätzlich gleichrangigen Schuldnern in Anspruch genommen werden soll, steht nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO gelten.
Die Postunternehmerin und die Empfänger, die sich ihr gegenüber als Selbstverzoller registriert haben, sind Veranlasser der gebührenpflichtigen Lagerung und damit gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 1 i.V.m. Abs. 2 VwKostG Gesamtschuldner der Lagerkosten, die zwischen dem 11.02.2010 und dem 30.08.2013 entstanden sind.
Die Postunternehmerin beförderte die Postsendungen, die sie nicht bereits bei den an den Auswechslungsstellen angesiedelten Zollstellen aufgrund ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 5 Abs. 2 ZollVG im Namen des Empfängers zum zollrechtlich freien Verkehr überführen konnte, gemäß Art. 91 Abs. 2 Buchst. f ZK im externen Versandverfahren zu der für den Empfänger zuständigen Zollstelle. Als Inhaberin des Versandverfahrens gestellte sie die Nichtgemeinschaftswaren gemäß Art. 92 Abs. 1 ZK der Bestimmungszollstelle, wodurch das externe Versandverfahren beendet wurde. Durch die Gestellung i.S. des Art. 4 Nr.19 ZK erhielten die Nichtgemeinschaftswaren außerdem nach Art. 55 i.V.m. Art. 50 ZK die Rechtsstellung von Waren in vorübergehender Verwahrung bis zum Erhalt einer zollrechtlichen Bestimmung. Die Lagerung als kostenpflichtige Amtshandlung trat demnach kraft Gesetzes ein, weshalb es nicht darauf ankommt, ob die Postunternehmerin neben der Gestellung auch die Lagerung gewollt hat. Die Gestellung gehörte zudem zum Pflichtenkreis der Postunternehmerin, weil sie gemäß Art. 96 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a ZK als Hauptverpflichtete (Inhaberin des externen Versandverfahrens) zur Gestellung der Postsendungen bei der Bestimmungszollstelle verpflichtet war. Dabei handelte es sich um eine eigene und nicht als Vertreter des Warenempfängers zu erfüllende Pflicht, auch wenn die Warenbeförderung in dessen Interesse lag[2].
Dass sich die Beförderungspflicht der Postunternehmerin aus dem WPV ergibt, führt zu keinen anderen Rechtsfolgen als bei anderen Kurierdiensten oder Transporteuren, deren Verpflichtung zur Beförderung und Lieferung der Einfuhrsendungen auf privatrechtlichen Vereinbarungen beruht. Auf die Regelungen im WPV und die Ergänzenden Bestimmungen kommt es nicht an, da sich die Veranlassung der kostenpflichtigen Amtshandlung bereits aus der zollrechtlichen Gestellung ergibt.
Neben der Postunternehmerin haben die Selbstverzoller die Lagerung der Postsendungen veranlasst und sind daher ebenfalls Kostenschuldner. Widersprach ein Empfänger der gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß § 5 Abs. 2 ZollVG durch Mitteilung gegenüber der Postunternehmerin, war diese nicht mehr befugt, die Postsendung für den Empfänger abfertigen zu lassen. Stattdessen musste sie ein externes Versandverfahren eröffnen, um die Postsendung unter Beibehaltung des Status einer Nichtgemeinschaftsware zum für den Empfänger zuständigen (meist Wohnsitz-)ZA zu befördern und dort zu gestellen.
Die anderen Empfänger sowie die Absender sind nicht Veranlasser der kostenpflichtigen Lagerung.
Indem die Absender die Postsendungen auf den Weg gebracht, zumindest in einem Teil der Fälle unzureichende Angaben gemacht oder Waren versandt haben, die gegen Verbote und Beschränkungen verstoßen könnten, haben sie zwar eine Bedingung für die vorübergehende Verwahrung bei der Zollstelle in Gestalt einer sog. conditio sine qua non gesetzt, welche allerdings allein für die Annahme eines „willentlichen Herbeiführens einer Amtshandlung“ im Sinne vorgenannter Rechtsprechung des BVerwG[3] nicht als ausreichend angesehen werden kann.
Dass die vorübergehende Verwahrung von Postsendungen bei der Zollstelle „zum Pflichtenkreis“ des jeweiligen Absenders gehört, lässt sich ebenfalls nicht annehmen, denn zollrechtliche Pflichten obliegen -wie ausgeführt- der Postunternehmerin, die aus Drittländern eingetroffene Postsendungen im externen Versandverfahren zur zuständigen Zollstelle befördert.
Genauso wenig veranlasst ein Empfänger die Lagerung der Postsendungen allein dadurch, dass er aus melderechtlichen Gründen eine Anschrift unterhält. Denn damit ist ebenfalls kein auf die Herbeiführung einer kostenpflichtigen Amtshandlung gerichteter Wille verbunden. Auch wenn in vielen Fällen die Vermutung nahe liegt, dass dem Absender für die Versendung Kosten entstehen und er diese daher mit Einverständnis des Empfängers vornimmt, steht eine undifferenzierte Inanspruchnahme aller Empfänger unabhängig von ihrem konkreten Verursachungsbeitrag mit der vorgenannten Rechtsprechung zur Definition des „Veranlassens“ der Amtshandlung nicht in Einklang. Auch kann ohne Kenntnis der näheren Umstände der jeweiligen Warenversendung ein die vorübergehende Verwahrung einschließender „Pflichtenkreis“ des Empfängers der Postsendung (außer in Selbstverzoller-Fällen) nicht bejaht werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 5 Abs. 2 ZollVG, die es der Postunternehmerin gestattet, Zollanmeldungen in Vertretung des Empfängers abzugeben. In den hier zu entscheidenden Fällen hat die Postunternehmerin von ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht gerade keinen Gebrauch machen können, weil Angaben oder Unterlagen fehlten oder ein Verstoß gegen Verbote und Beschränkungen in Betracht kam.
Ob die Lagerung der Postsendungen auch zu Gunsten der Postunternehmerin, der Absender oder der Empfänger vorgenommen wurde (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 VwKostG), kann dahinstehen, weil nach der Rechtsprechung des BVerwG, der der Bundesfinanzhof folgt, die Veranlasser vorrangig in Anspruch zu nehmen sind. Die Behörde kann sich erst dann an den Begünstigten halten, wenn ein Veranlasser entweder nicht vorhanden ist oder gewichtige Gründe für die Inanspruchnahme des Begünstigten sprechen[4]. Solche Gründe hat das Finanzgericht nicht festgestellt.
Das Hauptzollamt hat im Ergebnis zu Recht allein die Postunternehmerin als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen und eine Ausübung des Auswahlermessens im Hinblick auf den in Anspruch zu nehmenden Kostenschuldner gemäß § 13 Abs. 2 VwKostG i.V.m. § 5 AO für entbehrlich gehalten.
Dem Hauptzollamt waren im Streitfall -abgesehen von der Postunternehmerin- weitere Kostenschuldner nicht bekannt. Die Registrierung als Selbstverzoller wurde ausschließlich gegenüber der Postunternehmerin abgegeben, die diese Information nicht dem Hauptzollamt weitergab.
Das Hauptzollamt hatte nicht die Pflicht zu ermitteln, bei welchen Empfängern es sich um Selbstverzoller handelte. Nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AO ermittelt die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen, wobei sich der Umfang dieser Ermittlungspflicht nach den Umständen des Einzelfalls richtet (§ 88 Abs. 1 Satz 3 AO in der bis zum 31.12 2016 gültigen Fassung). Bei der Verwirklichung des Steueranspruchs dürfen sowohl die Grenzen der dem Staat verfügbaren personellen und finanziellen Mittel[5] als auch Zweckmäßigkeitserwägungen berücksichtigt werden. Die Aufklärungspflicht der Finanzbehörden wird darüber hinaus von der Zumutbarkeit begrenzt[6] sowie dem Verhältnis zwischen dem voraussichtlichen Arbeitsaufwand und dem steuerlichen Erfolg[7].
Die Ermittlungspflicht des Hauptzollamt war im Streitfall eingeschränkt, weil es sich bei der Postabfertigung um ein Massenverfahren handelt, dessen effektive Bewältigung nur dann sichergestellt werden kann, wenn das Hauptzollamt nicht in jedem Einzelfall durch Nachfragen bei den Empfängern oder bei der Postunternehmerin ermitteln muss, welche der nicht abgeholten Postsendungen an einen Selbstverzoller adressiert war. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass es im Einzelfall um die Festsetzung von wenigen Euro ging. Der Arbeitsaufwand, der mit der Ermittlung der Selbstverzoller einherginge, stünde dazu in keinem angemessenen Verhältnis.
Vielmehr hatte die Postunternehmerin die Obliegenheit, dem Hauptzollamt mitzuteilen, welcher der Empfänger der gesetzlichen Vertretungsmacht widersprochen hatte. Die Postunternehmerin verfügte über diese Informationen und hätte diese der Verwaltung ohne unzumutbaren Aufwand zur Verfügung stellen können, zumal sie bereits nach der Ankunft der Postsendungen an den Auswechslungsstellen einen Abgleich der ankommenden Postsendungen mit den registrierten Selbstverzollern durchgeführt hat, um zu klären, welche Postsendungen sie zum für den Empfänger zuständigen Zollamtes befördern musste.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 20. Februar 2018 – VII R 21/16
- BVerwG, Urteile vom 22.10.1992 – 3 C 2.90, BVerwGE 91, 109; und vom 10.12 2015 – 3 C 3.15, BVerwGE 153, 321[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.09.2012 – VII R 65/11, BFHE 239, 461, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2013, 39[↩]
- BVerwG, Urteile in BVerwGE 91, 109, und in BVerwGE 153, 321[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 30.06.1972 – VII C 48.71; und vom 01.03.1996 – 8 C 29.94, BVerwGE 100, 323[↩]
- vgl. BVerfG, Urteil vom 09.03.2004 – 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56, unter C.II. 2.b[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 20.06.1973 – 1 BvL 9-10/71, BVerfGE 35, 283, unter B.II. 2., m.w.N.[↩]
- BVerfG, Beschluss in BVerfGE 35, 283, unter B.II. 2., m.w.N.; vgl. auch Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, BT-Drs. 18/7457, S. 68 betreffend die spätere Änderung des § 88 AO[↩]