Die Europäische Kommission hat Österreich förmlich aufgefordert, seine Bestimmungen für die Ernennung von Steuervertretern zu ändern. Nach Auffassung der Kommission führen die Bestimmungen, wonach ausländische Investmentfonds, Immobilienfonds und Kreditinstitute einen Steuervertreter ernennen müssen, zu diskriminierender Behandlung. Außerdem hält es die Kommission für diskriminierend, dass ausländische Kreditinstitute und Wirtschaftsprüfer nicht als Steuervertreter von Investoren in Investment- oder Immobilienfonds ernannt werden dürfen, und betrachtet dies als unvereinbar mit der Dienstleistungsfreiheit im Binnenmarkt. Die Aufforderung ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme (der zweiten Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Artikel 226 EG-Vertrag). Erhält die Kommission innerhalb von zwei Monaten keine zufriedenstellende Antwort auf diese Stellungnahme, so kann sie den Europäischen Gerichtshof mit dieser Sache befassen.

Dabei geht es um zwei Aspekte der österreichischen Vorschriften für die Ernennung von Steuervertretern:
Nach österreichischem Recht sind einheimische Kreditinstitute, die einheimische Investment- oder Immobilienfonds verwalten, von der Verpflichtung zur Ernennung eines Steuervertreters befreit. Dagegen müssen ausländische Investment- und Immobilienfonds, die in Österreich tätig sind, in jedem Fall einen Steuervertreter ernennen. Dasselbe gilt für ausländische Kreditinstitute, die österreichische Investment- oder Immobilienfonds verwalten. Die Kommission hält diese Bestimmungen für eine unverhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit.
Außerdem wirken sich die österreichischen Bestimmungen diskriminierend gegen ausländische Kreditinstitute und ausländische Wirtschaftsprüfer aus, denn nur einheimische Kreditinstitute bzw. Wirtschaftsprüfer können als Steuervertreter für Investoren in einen Investment- oder Immobilienfonds ernannt werden. Dies ist eine eindeutige Diskriminierung aufgrund des Ortes der Niederlassung des Dienstleistungserbringers.
Nach Auffassung der Kommission hat Österreich in beiden Fällen gegen die Verpflichtungen aus Artikel 49 EG-Vertrag und Artikel 36 EWR-Abkommen, also gegen die Dienstleistungsfreiheit, verstoßen.
Bei der Kommission wird die Rechtssache unter dem Aktenzeichen 2008/4638 geführt.